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Container für Flüchtlinge

Flüchtlinge werden bei der Wohnungsuche diskriminiert

Wir bleiben hier – nein zur Vertreibung. Menschen, die ihr Leben aufs Spiel setzten, um ein anderes Ufer zu erreichen, leben in Freiburg genauso wie 
in Marseille. Foto: kwasibanane

Foto: kwasibanane

Von Johanna Wintermantel

Wenn Aferdita* die Küchentür öffnet, biegt sich der Türrahmen aus seiner Verankerung. Kein Wunder: Zum Boden hin ist das Holz völlig abgesplittert. Ob das von den vielen Mäusen in der Wohnung kommt? Auch Ratten gab es schon, und Kakerlaken, erzählt Aferditas Vater. Der große beige Fleck an der Flurdecke zeugt von einem Wasserschaden. Die Dusche ist verschimmelt, der Verputz hängt in Fetzen von der Decke.

Lebensbedingungen im Freiburger Flüchtlingswohnheim Hagelstauden. Nicht alle Wohnungen hier sind in einem derart schlechten Zustand, aber vergleichbare Fälle sind auch in den anderen drei Wohnheimen, in der Hammerschmiedstraße, der Bissierstraße und der Hermann-Mitsch-Straße zu finden. Allesamt wurden sie um das Jahr 1990 errichtet und müssen inzwischen dringend saniert bzw. ersetzt werden. Sozialbürgermeister Kirchbach erklärte kürzlich in einem Interview mit Radio Dreyeckland, dass die Stadt dort handeln müsse, sei ihm seit letztem Jahr bekannt. Seit letztem Jahr? Sicherlich, seither hat der Zustand der Wohnheime eine größere kommunalpolitische Aufmerksamkeit erlangt und lässt sich dementsprechend nicht mehr leugnen. Handlungsbedarf besteht aber schon weitaus länger. Nötig wäre eine vorausschauende Wohnungspolitik für Flüchtlinge, und zwar nicht nur in Bezug auf die Bausubstanz, sondern auch auf die Aufnahmekapazitäten und die Wohnformen.

Neben der Erneuerung der alten plant die Stadt zusätzliche neue Wohnheime. Bei der Standortsuche lautet die Formel: je abgelegener, desto aussichtsreicher. Weder der Schlangenweg in Herdern noch die Mooswaldallee sind ausreichend an die städtische Infrastruktur und das öffentliche Leben angebunden. In den Hagelstauden dagegen hat sich in letzter Zeit ein Neubaugebiet an das Flüchtlingswohnheim angenähert. Und siehe da: Die Kinder spielen miteinander auf dem Bolzplatz, wie Aferdita erzählt, die NachbarInnen lernen sich kennen. Deutschlernen und der Abbau eventueller gegenseitiger Vorurteile ergeben sich so fast von selbst.

Denn die knapp 25 Jahre, welche die Freiburger Wohnheime auf dem Buckel haben, sind eigentlich kein hohes Alter für Häuser. Allerdings wurden sie ursprünglich nur für eine kurze Nutzungsdauer geplant. Die Anwesenheit von Flüchtlingen wurde offensichtlich nicht als bleibende Tatsache in die Stadtplanung miteinbezogen.

Es herrscht Ratlosigkeit, wenn Freiburg – so wie jetzt – per landesweitem Verteilungsschlüssel ein paar Hundert neue Flüchtlinge zugewiesen werden. Die Stadt reagiert immer wieder mit kurzfristigen Notprogrammen wie dem Aufstellen von Containern. Geplant würde jeweils für die nächsten neun bis zwölf Monate, sagt Kirchbach, »wir fahren immer auf Sicht«. Die Herausforderung würde aber gerade darin bestehen, die Unvorhersehbarkeit von Flüchtlingszahlen in der langfristigen kommunalen Wohnungspolitik zu berücksichtigen.

Immerhin: Bei künftigen Neubauvorhaben möchte der Sozialbürgermeister sich für die Einplanung von Wohnraum für Flüchtlinge einsetzen. Das gilt es einzufordern, und zwar jenseits des Wohnheim-Modells. Eigene Wohnungen würden endlich dem Wunsch vieler Flüchtlinge nach Privatsphäre und Selbstbestimmung entsprechen – und ihrem guten Recht: Im Sommer gewann eine geduldete Frau in zweiter Instanz gegen die Stadt Freiburg im Prozess um einen Wohnberechtigungsschein. Möglichkeiten, dezentralen Wohnraum flexibel bereitzuhalten, gäbe es bestimmt. So könnten z. B. in verschiedenen städtischen Bauvorhaben Wohnungen für Flüchtlinge eingeplant werden, die in Zeiten geringeren Bedarfs an Studierende vermietet werden könnten. Solche Wohnungen müssten Teil einer unfassenden Strategie sein. Denn das Problem betrifft nicht nur Flüchtlinge: Wohnungen sind knapp und teuer, die Chance auf freie Wahl des eigenen Wohnorts ist dementsprechend von sozialer Ungerechtigkeit geprägt. Im gemeinsamen Interesse sind daher Kreativität und Courage gefragt, um gegen das Primat der Wirtschaft und gegen sozialdarwinistische Vorurteile das Recht auf Stadt für alle zu realisieren.

* Name geändert

»Wir fahren immer auf Sicht«. Kommunalpolitik mit Weitblick. Foto: kwasibanane

Foto: kwasibanane

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