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Mensch sein im magdas HOTEL

Wo man in Wien Ubuntu papriziert

»Tourists welcome« im »magdas ­HOTEL« . Foto: kwasibanane

Foto: kwasibanane

Von Melisa Mustafovic

Wie kann die Caritas etwas so sexy auf die Beine stellen? Sie kann, und sogar sehr gut. Die Tochterfirma der Erzdiözese Wien bündelt ein Potenzial, das einige auf Anhieb nicht erkennen würden: anerkannte Flüchtlinge führen hier seit Februar erfolgreich ein Hotel mit 78 Zimmern.

Ein Personal von etwa 30 Frauen und Männern, davon 20 ursprünglich nach Österreich geflohen, kümmert sich um seine Gäste in 23 verschiedenen Sprachen. Soweit Zahlen und Fakten zu diesem Social Business, denn Ausbildungsbetrieb ist das Hotel auch.

Die Profilbilder aller Hotelmitarbeiter, wie von Meisterhand eines Sebastião Salgado angefertigt, hauchen dem Foyer bewegtes Leben ein. Am Empfang liegen Postkarten mit Hotelmotiven u. a. in Swahili aus. Die bemerkt man so nebenbei, während der Anmeldung und während auf Wunsch ein Tablet mit Gastpasswort ausgehändigt wird.

Der Blick schweift zum eigenwilligen Mobiliar – aus alten Schließfächern wurden Prospektständer. Lampenschirme überall im Haus sind aus bunter Wolle handgemacht, jeder ein Unikat. Es heißt, hier würden sich regelmäßig Strickfreunde treffen und sich ein Battle aus wohlgeordnetem Wollgarn liefern. Alte Türen hängen im Speisesaal von der Wand, sie sind mit einer gewaltigen Spiegelfläche versehen und werden somit nur noch auf einen Rahmen reduziert. Hier steht einiges auf dem Kopf und das ist nicht verkehrt so. In den Zimmern spiegelt sich das Vintage Design wider. Ein Trickster als Innenarchitekt lässt sich nichts zuschulden kommen, es wurde an alles gedacht, mit minimalen Mitteln. Funktion geht vor und Eindruck schinden ist passé.

Was das begrenzte Budget nicht bringt, liefert die Kreativität – die Zusammenarbeit mit den Studierenden der Akademie der bildenden Künste sieht und spürt man in jedem Zimmer. Ein Kleiderschrank fehlt, aber den habe ich schon als Kind eher als Versteck benutzt. Vom Balkon aus blickt man auf das Prater Riesenrad und die lang ausgedehnte Hauptallee mit Herbstlaub. Besonders gut gefällt mir ein Zitat auf Magdas' Website: »Unsere Rooftop-Doppelzimmer sind die einzige Ausrede, die wir tolerieren, wenn Sie auf andere herabschauen.«

Ein Augenschmaus ist das Frühstücksbuffet. Da kann man sich ganz schön Zeit lassen. Neben den westeuropäischen Standardangeboten gibt es u. a. orientalisch angehauchte Dips wie Hummus, Beilagen wie eingelegte gegrillte Paprika … – nebenbei erwähnt, heißt etwas mit Paprika würzen, auf Österreichisch paprizieren. Ergo, magdas HOTEL haben sie insgesamt ganz schön papriziert. Wer nach dieser Gaumenfreude noch an seinen Body-Mass-Index denkt, kann sich eines der lässigen Fahrräder schnappen und durch den Prater in Richtung Donaukanal radeln. Und wer es noch gemütlicher mag, kann eine Yoga-Pause einlegen.

Bei schönem Wetter ist die in Grün gepackte Terrasse einladend. Hier toben sich wohl auch freiwillige Gründäumlinge aus, um eine märchenhafte Ruheoase zu schaffen.

Und zu guter Letzt die geräumige Lounge nicht vergessen, die ist wirklich hipster. Aber nicht so hipster, dass sie uns nicht an unserem letzten Tag erlaubt hätte, unsere Schuhe auszuziehen und uns kurz auf das Sofa zu legen. Wie ein Holzfäller nach getaner Arbeit. Von hier aus Wien zu entdecken, ist wahrlich ein Privileg. Und für Ubuntu* tut man auch was!

Papriziertes Treppenhaus. Foto: kwasibanane

Foto: kwasibanane

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