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Tatort Alltag

Ein Fall nicht nur für Sonntag Abend

Ein Essay von Carmen Luna

Sie ist pünktlicher als ihr deutscher Mann, und sie kommt aus Lateinamerika. Die neuen Nachbarn sind überhaupt nicht laut, und sie sind Afrikaner aus Südnigeria. Sie halten die Treppe sauber und trennen den Müll richtig, – ganz gleich ob sie von den Malediven, aus Ungarn, Deutschland oder der Türkei kommen. Bilder der Fremden flimmern in uns … und was machen wir damit?

Begegnungen mit dem Anderen werden kaum bewusst reflektiert. Das führt zu Verallgemeinerungen, Vorurteilen und Diskriminierung. Der Blick durch die eigene kulturelle Brille färbt unsere alltägliche Wahrnehmung und beeinflusst unsere Beziehungen mit unserer Umwelt.

Es gibt Diskriminierung, die sofort auffällt und empört, und es gibt subtile Diskriminierung, die fast unsichtbar bleibt, die nur die Betroffenen spüren. Man kann nicht richtig definieren, was das eigentlich war. Manchmal ist es nur ein Blick, an der Käsetheke beim Einkaufen, oder eine Geste in der Straßenbahn, in der Schule oder sonst wo. »Es war bestimmt nicht so gemeint« sagt eine Zeugin, die etwas gemerkt hat, dann aber schnell weg ist.

Diese subtile Diskriminierung ist leider tief in den Köpfen und Herzen der Menschen verankert, und sie betrifft uns alle, überall in der Welt. Manchmal kann jemand, der grüne Haare trägt, der Auslöser sein, oder jemand mit dunkler Haut, möglicherweise eine Mi­grantin, die nicht so deutlich die Sprache des Landes spricht, oder ein Schwuler, der entspannt und glücklich durch die Gegend läuft. Es reicht schon aus: etwas anders zu sein!

»Nur im Notfall fragt mich niemand, woher ich eigentlich komme«, erzählt Marco, ein Notarzt aus der Kampagne des Antidiskriminierungsbüros Sachsen.

»Blöde Diskriminierungen« sagt eine Schülerin in einem interkulturellen Training. »Sie beleidigen, belasten, sind unfreundlich und vor allem total unnötig«. Ich stimme ihr bei.

Gut wäre es, diese faulen Teile in uns herauszuoperieren und dabei das menschliche Miteinander ein Stück weiter zu bringen. Vielleicht schaffen wir es, diese Vorurteile, die in uns schlummern, mehr zu reflektieren und so den Menschen und uns selbst eine Chance zu geben.

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