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Die lieben Verwandten

Treue, Ehre, Mitgefühl: die Familie – oder das kleine Vaterland. Fotos/Fotomontage: kwasibanane

Fotos/Fotomontage: kwasibanane

Benim sevgili Akrabalarım ● I cari parenti ● милые родственники
ძვირფასი ნათესაობა ● os queridos parentes ● famille adorée
beloved relatives ● おせっかいな親戚 ●  los queridos parientes
дорога родина ● De dierbare verwanten

InZeitung 15 vom 24. April 2015: Editorial

Heimat-Konferenzen, Symposien, Schwerpunkte – sie häufen sich in den letzten Jahren, und es würde sie sicher nicht geben, wenn Heimat für die Deutschen ein selbstverständlicher identitätsstiftender Faktor wäre. Das Land als Nation ist historisch diskreditiert, und die Ortslosigkeit wurde lange von Intellektuellen bevorzugt – nicht nur in Deutschland. Heute, wo man sich mehr Zugehörigkeit wünscht, richtet sich Heimat nach einer Stadt oder einem Quartier, wo man wohnt oder geboren ist – nur für 11% der Deutschen bedeutet Heimat die Nation. »So sehr Heimat auf Orte bezogen ist,« – sagt Schriftsteller Bernhard Schlink – »letztendlich hat sie weder einen Ort noch ist sie einer … Denn die Erinnerungen und Sehnsüchte machen die Orte zur Heimat«. Soll man dann den Begriff lieber ganz vermeiden? Das fragen wir auf unseren Debatten-Seiten.

Für 25% der Deutschen ist die wahre Heimat ihre Familie. Von MigrantInnen wird das umso intensiver erlebt, je weiter sie von ihrer Familie entfernt sind. Familie ist dort, wo man verstanden wird, wo alternde Eltern, die man vermisst und um die man sich sorgt, und die oft über die Welt verstreuten Verwandten leben. Andere haben hier ihre neuen Verwandten – aus anderen Kulturen – eine Wahlverwandtschaft, die die Welt größer machen kann.

Aber nicht umsonst gibt es überall Sprüche wie in Indien: »Lebe fern von Verwandten und nahe am Wasser!« oder in Georgien: »Die Krähe – die Tante der Elster«. Die lieben Verwandten können mit Erwartungen und Vorschlägen die Welt enger machen, an Gefühle und Traditionen appellieren und Menschen nicht ihren Weg gehen lassen. Auch darum geht es in unserem Schwerpunkt.

Neben den familiären Themen beleuchtet diese Ausgabe, ob und wie man über Verwertbarkeit von MigrantInnen sprechen kann, wie man in Italien Daumen drückt, wer den ­InPreis gewonnen hat und vieles mehr … – Viel Spaß dabei! Ihre Redaktion

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