Distanz und Nähe
Дистанция и близость ● Distanz und Nähe ● idi nso na anya
Eloignement et proximité ● Distancia y proximidad ● 身内と他人様
Etäisyys ja läheisyys ● Distanza e vicinanza ● Afstand en Nabijheid
Mesafe ve Yakınlık ● სიშორე და სიახლოვე ● Απόσταση kαi kοντά
distancia i iznedjus nas ● 距离与亲近 ● Kalafogada iyo iskudhawaada
Odległość i bliskość ● தூரம் அருகில் ● Dûrî û Nézîkî ● القرب المسافة
InZeitung 31 vom 17. Juli 2020: Editorial
Ich hatte in den Corona-Tagen eher den Eindruck in Venedig oder Turku als in Freiburg zu leben – wegen des intensiven und fast ausschließlichen Kontakts zu Freunden und Verwandten in Italien und Finnland. Es war ein befremdliches und zugleich entfremdendes Erlebnis, es sprengte die alltäglichen Dimensionen des Raumes und der Zeit, des Hier und Jetzt, in denen wir leben. Ich habe erfahren, dass das Maß der empfohlenen Distanzierung unterschiedlich festgelegt wurde: von 1,0 Meter in Italien bis zu 2,0 Meter in Finnland. Vermutlich haben dabei die unterschiedlichen sozialen Gewohnheiten und das Verständnis von Distanz in den Ländern eine Rolle gespielt.
Corona stellt viele neue und uralte Fragen zum Verhältnis Individuum und Gemeinschaft. Obwohl keineswegs soziale Isolation gemeint war, sondern vielmehr die physische Distanz, haben bestimmt viele diese als solche erlebt. Dies gilt in erster Linie für diejenigen, die in Kliniken und Intensivstationen auf sich selbst gestellt waren, für diejenigen, die einsam gestorben sind und ihre Angehörigen, sowie für diejenigen, die kein Zuhause haben (S.6,11). Es gilt aber auch für diejenigen, die fast ausschließlich traditionelle, analoge zwischenmenschliche Kontakte haben und auf sie angewiesen sind. Für andere waren Computer und Smartphone eine Segnung oder mindestens ein plausibles Mittel, um mit anderen Menschen außerhalb des Supermarktes Kontakt zu halten (S.8).
Vielen ist klar geworden, dass die uns vertrauten Begriffe von Nähe und Distanz sich neu definieren und sogar umkehren lassen. Gewöhnlich nahe Kontakte verringerten sich plötzlich oder standen still und rutschten somit in die Ferne, die digitalen Kontakte in der Ferne wurden vor allem für globalisierte Familien und Geliebte intensiver und präsenter (S. 10). Menschen mit Migrationsgeschichten haben ähnliches auch früher erlebt, so wie auch andere Krisen. Ihre vielfältigen Eindrücke der letzten Monate, manchmal nachdenklich und kritisch, oft optimistisch und lustig, lesen Sie in dieser Nummer.
Barbara Peron